Die Klimabilanz des Apfels

Wer einen Apfelbaum im Garten stehen hat, kann jetzt ernten. Unschlagbar lecker, dieser Apfel vom eigenen Baum! Wer keinen Apfelbaum hat, der kauft im Supermarkt. Dabei hat man die Wahl zwischen deutscher Ware und Übersee-Äpfeln. Gleich lecker mögen sie sein, aber sind sie auch gleich gut, was die Klimabilanz angeht?

Gute Ernährung ist nicht nur eine Frage des Geschmacks und der eigenen Gesundheit. Wo unser Essen herkommt, ist für eine gute Ernährung ebenso wichtig. Denn Transport und Lagerung machen einen großen Teil der Klimabilanz des Apfels aus. Aber Achtung – dieses Thema hat eine Pointe, die sich gewaschen hat.

 

Regional: Nichts geht ohne Kühlhaus

Der Apfel aus dem eigenen Garten wandert ohne Umweg vom Baum in den Mund. Ohne Lagerung und Transport liegt die Klimabilanz bei Null. Kommen unsere Äpfel vom Einzelhandel, sieht das gleich ganz anders aus. Regionale Äpfel, also in Deutschland gereifte,  wandern nach der Ernte ins Kühlhaus. Denn wir wollen sie frisch und knackig, das ganze Jahr hindurch. Bis zu sechs Monate liegt mancher Apfel im Kühlhaus, bevor er in den Laden wandert. Damit er schon prall und saftig bleibt, wird in dieser Zeit eine ganze Menge Energie aufgewendet und CO2 in die Umwelt geblasen. Manche Ökoexperten geben regionalen Äpfeln daher schlechte Noten in Sachen Klimabilanz.

 

Übersee: Dreckschleuder Containerschiff

Wenn im Frühjahr und Sommer Erntezeit auf der anderen Halbkugel ist, liefern Südamerika und Neuseeland frisch geerntete Ware mit dem Schiff nach Europa. Vom Baum direkt zum Verbraucher, keine Dauerlagerung im Kühlhaus – das klingt gut. Auch wenn monatelanges Kühlen wegfällt, die Klimabilanz des Neuseeland- oder Chile-Apfels ist keinen Deut besser. Denn auf der Seereise von rund 20.000 Kilometern blasen Containerschiffe jede Menge Dreck in die Atmosphäre. Schiffsdiesel  wird in seiner Klimaschädlichkeit von keinem anderen Treibstoff getoppt. Deswegen verwundert es nicht, dass die Klimabilanz von Übersee-Äpfeln bei Fachleuten  nicht gut abschneidet. Zumindest gegenüber regionalen Äpfeln, die in modernen, energieeffizienten Kühlhäusern gelagert werden.

Ein Kilo Bio-Äpfel aus Argentinien, das mit dem Containerschiff bis Rotterdam und von dort bis zu uns im Kühllaster reist, kommt auf eine Apfel-Klimabilanz von 163 Gramm CO2. Soviel Kohlendioxid entsteht durch Ernte, Transport und Lagerung, bis die Äpfel im Laden liegen. Selbst bei einem regional erzeugten Apfel, monatelang im Kühlhaus gelagert, sieht die Ökobilanz nicht wesentlich anders aus. Aber das ist noch nicht alles.

 

Klimabilanz: Das dicke Ende kommt zuletzt

Ob nun der regionale oder der Übersee-Apfel besser für die Klimabilanz ist, lässt sich nur bei sehr genauer Analyse der Transport- und Lagerbedingen entscheiden. Es kommt dabei auf den Zeitpunkt des Verzehrs im Verhältnis zur Ernte an. Und auf viele Details, die wir bestenfalls näherungsweise erkennen, vielleicht nur erahnen können.  Ganz grob lässt sich aber sagen, dass  die Apfel-Ökobilanz mit etwa 160 Gramm CO2 zu Buche schlägt, solange wir unseren Einkauf klimaneutral, also zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen. Ganz anders sieht sie aus, wenn wir das Auto zum Einkaufen nehmen.

Ein Mittelklassewagen erzeugt pro gefahrenem Kilometer rund 160 Gramm CO2. Wer zum Beispiel fünf Kilometer zum Supermarkt fährt, um die Kilotüte Äpfel zu besorgen, der addiert schnell mal 800 Gramm CO2 dazu. Selbst beim Großeinkauf verschlechtert sich die Klimabilanz deutlich. Nicht die Herkunft prägt die Apfel-Klimabilanz, unser persönliches Einkaufsverhalten ist für dessen Klimabilanz entscheidend. Also greifen wir uns besser an die eigene Nase, bevor wir zum Apfel greifen.

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Rita Seidel, Königswinter

Unternehmensberaterin mit Schwerpunkt Digitalisierung, in der Freizeit am liebsten im eigenen Garten und in Bewegung. Ich habe viel übrig für Fridays for Future und suche nach Lösungen für das Klimadesaster, die wirkungsvoll und praktikabel sind. Ich will dazu beitragen, uns und nachfolgenden Generationen die Lebensbasis zu sichern. Denn wir haben nur eine Erde. Und jede Menge Gründe, sie zu erhalten. 

Die Klimabilanz des Apfels

Beitragsbild von Wolfgang Bantz auf Pixabay